Mazda ist für Fiat nur die Notlösung - wiwo.de, Kolumne von Franz W. Rother, 23.05.2012
Die Fiat-Tochter Alfa Romeo und der japanische Autohersteller Mazda wollen gemeinsam einen Roadster entwickeln und bauen. Die Allianz spart sicher eine Menge Geld, dürfte die Fans des Alfa Spider aber aufheulen – und die Preise für Klassiker aus den 60er Jahren weiter steigen lassen.
Sechs Monate lang wurde gedengelt, geschliffen, geschraubt und gestestet, jetzt neigt sich die Restauration des Alfa Spider dem Ende entgegen. Der Motor ist bereits komplett überholt, die entrostete Karosserie glänzt in einem strahlenden Giallo prototipo, die Sitze haben vor wenigen Wochen neue Lederbezüge erhalten. Jetzt muss alles nur noch eingebaut, durchgetestet, kurz eingefahren – und dann bei mobile.de oder autoscout.de ins Internet gestellt werden.
Mein Nachbar hat keinen Zweifel daran, dass er für den Alfa Spider 1600 schnell einen Käufer finden wird: „Gut erhaltene oder fachmännisch restaurierte Autos des Typs sind rar gesät.“ Vier andere Autos des Typs sind in den vergangenen Jahren bereits durch seine Hände gegangen und mit ordentlichem Gewinn verkauft worden: Wie die frühen Porsche, den Pagoden von Mercedes oder ein Triumph TR6 zählt auch der Alfa Spider unter Oldtimer-Freunden zu den gesuchten Sportwagen-Klassikern.
Ohne Heckspoiler
Hauptsache, er ist noch ohne. Für Nichteingeweihte: Der Spider sollte ohne Heckspoiler sein. Zum Modelljahr 1983 hatte Alfa Romeo dem flotten Roadster einen dicken schwarzen und entsprechend hässlichen Gummispoiler auf den Po geklebt. Das sollte die Aerodynamik des Hecktrieblers verbessern, jazzte aber nur die Preise für das Vorgängermodell mit dem klassischen Rundhecke in die Höhe. Und die Italiener trieben es später noch toller.
1994 stellten sie den Wagen aus Kostengründen auf Frontantrieb um. Und 2006 kam ein nagelneuer Spider auf den Markt, der sogar mit Fünfzylinder-Dieselmotor geordert werden konnte und in der Sechszylinder Topversion über 1800 Kilogramm Leergewicht auf die Waage wuchtete. Die Benziner nutzen Motorblöcke des damaligen Partners General Motors. Und mit General Motors zusammen wurde auch die Architektur des Autos entwickelt.
Eine Weiterentwicklung der Plattform nutzte GM später für Opel Insignia und Saab 9-5. Dem Fiat-Konzern brachte die Kooperation mit General Motors kein Glück, 2005 wurde die ehe zwischen den beiden so unterschiedlichen Partner gegen Zahlung von 1,55 Milliarden Euro geschieden. Und auch dem Alfa Spider bekam die Transplantation von Opel-Technik schlecht: Nach nur fünf Jahren wurde die Produktion des schweren Roadster eingestellt.
2013, hieß es damals in Turin, werde ein neu entwickeltes Modell auf den Markt kommen, dann wieder mit Heckantrieb. Daraus wurde nichts. Fiat-Chef Marchionne hatte andere Prioritäten. Er schmiedete eine Allianz mit der insolventen Chrysler Company in den USA, strickte Chrysler-Modelle zu Fiats und Lancias um und überlegte sogar die Verlagerung der Konzernzentrale von Italien nach Amerika. Alfa Romeo rückte darüber vorübergehend an den Rand des Geschehens. So sehr, dass sich der Volkswagen-Konzern bereits Hoffnung machte, die italienische Traditionsmarke, die erst 1986 in den Besitz von Fiat gekommen war, übernehmen zu können.
Erfolgsmodell Mazda MX-5
Daraus wird erst einmal nichts, Marchionne hat sich entschieden, die Marke selbst weiter zu entwickeln. Um Kosten zu sparen, wurden dafür neue Allianzen geschmiedet: Bei Limousinen mit der Chrysler Submarke Dodge, bei den Sportwagen mit Mazda. So wird der nächste Roadster zwar endlich wieder einen Heckantrieb erhalten, dafür aber ab 2015 in einem Mazda-Werk in Hiroshima gebaut – auf einem Band mit der nächsten Generation des Mazda MX-5.
Der kleine offene Japaner war Ende der 70er Jahre in Kalifornien nach dem Vorbild des Lotus Elan entwickelt worden. Mit dem Start der Serienproduktion im September 1989 begann eine einzigartige Erfolgsgeschichte.
In drei Generationen fand der kleine Roadster nicht nur in USA und Japan, sondern auch in Europa so viele Käufer, dass nicht nur der Spider, sondern auch der Fiat Barchetta – der als Antwort auf die Erfolge des MX-5 auf den Markt geworfen wurde – schnell das Nachsehen hatten. Nun also tun sich beide Unternehmen zusammen, wird der Jünger zum Propheten, der Prophet zum Jünger. Wie auch immer, sicher ist nur eines: Der Preis für den klassischen Spider wird weiter steigen. Vielleicht sollte ich mir auch noch schnell einen zulegen. Garagengold steht ja gerade hoch im Kurs.